StartPersönlichkeitGenuss mit Haltung – warum Gastronomie mehr kann als Tellerkunst

Genuss mit Haltung – warum Gastronomie mehr kann als Tellerkunst

Gastronomie ist mehr als Küche und Service – sie ist ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen. Max Lenzenhuber, Geschäftsführer der Schwan Gastgebergesellschaft mbH in Jülich, versteht Genuss als Haltung und kulturelles Statement. Im Gespräch mit dem Deutschen Business Magazin erklärt er, warum schöne Stunden das neue Luxusgut sind, weshalb er auf alkoholfreie Pairings setzt und wie Gastronomie zum Motor für gesellschaftlichen Wandel werden kann.

Interviewfragen

Herr Lenzenhuber, Sie sagen: Genuss ohne Haltung ist Fast Food fürs Gehirn. Was genau bedeutet Haltung für Sie in der Gastronomie?

Haltung bedeutet für mich, dass jedes Detail bewusst gestaltet ist – von der Auswahl der Produkte über den Service bis hin zum architektonischen Umfeld. Es geht darum, Gästen nicht nur einen Teller mit Speisen zu servieren, sondern ein Gefühl, ein Erlebnis, das bleibt. Haltung zeigt sich in der Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden, in der Wertschätzung von Produzenten und in einem respektvollen Umgang mit Ressourcen. Wer ohne Haltung arbeitet, bedient nur Konsum. Wer Haltung lebt, schafft Kultur.

Sie bilden Ihre Servicekräfte selbst aus. Wie verändert dieser Ansatz das Verständnis von Employer Branding in der Gastronomie?

Die Branche leidet seit Jahren unter Nachwuchsmangel und einem oft negativen Image. Wir haben uns deshalb entschieden, aktiv gegenzusteuern und junge Menschen selbst auszubilden. Das verändert nicht nur die Loyalität unserer Mitarbeitenden, sondern auch die Identifikation mit dem Haus. Employer Branding wird bei uns nicht über große Kampagnen definiert, sondern über tägliche Erfahrung: Wer bei uns arbeitet, spürt, dass er Teil eines wertschätzenden, lernenden und kreativen Umfelds ist. Diese Authentizität spricht sich herum – und zieht die richtigen Menschen an.

Alkoholfreie Pairings gelten als Alleinstellungsmerkmal des Schwans. Warum ist Ihnen das Thema so wichtig – und wie reagieren Ihre Gäste darauf?

Wir haben früh erkannt, dass viele Gäste bewusster genießen möchten – sei es aus gesundheitlichen Gründen, aufgrund des Lebensstils oder einfach aus Neugier. Alkoholfreie Pairings eröffnen eine neue Welt des Geschmacks. Wir arbeiten mit Tees, fermentierten Getränken, Kräutern und Fruchtnoten, die unsere Menüs auf ganz eigene Weise begleiten. Anfangs waren viele überrascht, mittlerweile ist es zu einem unserer Markenzeichen geworden. Die Resonanz ist durchweg positiv – Gäste fühlen sich inspiriert und nehmen neue Ideen mit nach Hause.

Architektur, Ambiente und Kulinarik greifen im Schwan eng ineinander. Welche Rolle spielt dieser Dreiklang für das Erlebnis Ihrer Gäste?

Ein gutes Gericht allein reicht heute nicht mehr, um bleibende Erinnerungen zu schaffen. Menschen suchen nach Erlebnissen, die alle Sinne ansprechen. Deshalb haben wir bewusst in Architektur und Atmosphäre investiert: Räume, die Geschichten erzählen, Design, das inspiriert, Musik und Licht, die den Abend rahmen. Kulinarik, Ambiente und Architektur sind bei uns gleichwertige Bestandteile eines großen Ganzen. Erst im Zusammenspiel entsteht die Magie, die Gäste spüren, wenn sie sagen: „Das war mehr als ein Abendessen – das war ein Erlebnis.“

Gastronomie im Strukturwandel: Was kann ein Haus wie der Schwan beitragen, um über den Teller hinaus Impulse für Stadt, Region und Gesellschaft zu setzen?

Wir verstehen uns als Gastgeber für die Region – nicht nur für unsere Gäste. Gastronomie kann ein Ort der Begegnung sein, an dem Menschen miteinander ins Gespräch kommen, unabhängig von Alter, Herkunft oder sozialem Hintergrund. Gleichzeitig können wir durch nachhaltige Konzepte, die Zusammenarbeit mit regionalen Produzenten und kulturelle Veranstaltungen Impulse für Stadt und Gesellschaft setzen. Der Schwan soll ein Ort sein, an dem Zukunft sichtbar wird – im Kleinen, auf dem Teller, und im Großen, in der Art, wie wir Gemeinschaft leben.

Über Max Lenzenhuber

Max Lenzenhuber ist Geschäftsführer der Schwan Gastgebergesellschaft mbH in Jülich. Mit seinem Haus verbindet er Kulinarik, Architektur und Ambiente zu einem ganzheitlichen Erlebnis. Sein Ansatz: Gastronomie ist mehr als Tellerkunst – sie ist Haltung, Kultur und Impulsgeber für gesellschaftlichen Wandel. 

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